PUBLIKATIONEN
Band 3: Jeder Stein ein Stückchen Gold… 50 Jahre Südtiroler Burgeninstitut
Autor(en): Graf Konstantin von Blumenthal, Plácido Domingo, Alexander von Hohenbühel, Carl Philipp von Hohenbüh
Herausgeber: Südtiroler Burgeninstitut
Titel der Reihe/Zeitschrift/Sammelband: Arx-Schriftenreihe
Band Nr.: 3
Erscheinungsort: Innsbruck
Jahr der Ausgabe: 2014
Anmerkungen: reich bebildert, 256 S. Autoren: Graf Konstantin von Blumenthal, Plácido Domingo, Alexander von Hohenbühel, Carl Philipp von Hohenbühel, Wolfgang von Klebelsberg, Walter Lorenz, Daniel Mascher und Alexander Maier
Buchbesprechung:
Das SBI hat zu seinem fünfzigjährigem Bestehen eine umfassende Vereinsgeschichte vorgelegt – Band 1 (=Bd. 3 der ARX-Schriftenreihe des Südtiroler Burgeninstituts) beschreibt, reflektiert und dokumentiert die Entwicklung des SBI von den Anfängen bis zur Gegenwart.
In siebzehn Beiträgen versehen mit einem Geleitwort von Plácido Domingo, dem Präsidenten von Europa Nostra, werden (fast) alle Vereinsaktivitäten thematisiert, sowohl die Übernahme und jahrelange Restaurierung der vereinseigenen Burgen Trostburg und Taufers, als auch die bildungspolitischen Aktivitäten (Bibliothek, Führungsbetrieb) und die Öffentlichkeitsarbeit des SBI, die sich in einer reichen Anzahl von Publikationen widerspiegelt, von der Zeitschrift ARX bis hin zu der Reihe „Burgen“ im Verlag Schnell & Steiner.
Der Rektor der Freien Universität Bozen reflektiert das Thema „Die Bedeutung historischer Stätten für die kulturelle Identitätsfindung der Gegenwart“ (S. 11–16) in einer grundsätzlichen, über Südtirol hinausgreifenden Perspektive, der Präsident des SBI, Carl Philipp von Hohenbühel skizziert in seinem umfangreichen Beitrag „Jeder Stein ein Stückchen Gold…“ (S. 33–58) die Geschichte des Vereins, der sich gezielt um Burgen, Ruinen, Schlösser und Ansitze kümmert, vom „Ruinenklub“ in der Nachkriegszeit über die Gründung in Kaltern und den schrittweisen Erwerb der in ihrem Bestand gefährdeten Burgen Trostburg und Taufers seit den siebziger Jahren bis in die Gegenwart. Diesen Beitrag illustriert die Redaktion (Alexander von Hohenbühel/Daniel Mascher) ergänzend mit dem Abschnitt „Bilder aus dem Vereinsleben“ (S. 59–102).
Die Vereinsgeschichte wurde bisher von 650 Mitgliedern geprägt, zu einem wesentlichen Teil (rund 55–58%) selbst Eigentümer oder Verwalter von Burgen und Ansitzen oder historischen Gebäuden, aber auch Burgenkundler und generell von diesen „Baudenkmälern der Geschichte“ Begeisterte. Ihre Namen und die Jahre ihrer Mitgliedschaft finden sich in einer von der Redaktion zusammengestellten Liste wieder (S. 205–219).
Das Südtiroler Burgeninstitut ist trotz zahlreicher Eigentümer aus traditionsreichen Familien keineswegs ein „Adelsklub“, sondern vereint Engagierte und Begeisterte, die Zähen und Kämpferischen. Mit Astrid Kofler konnte eine Autorin gewonnen werden, die im Gespräch mit Ansitz-, Burg- und Schlossbesitzern in Südtirol und dem Trentino den „Alltag in feudalem Rahmen. Vom Leben in Burgen und Schlössern“ (S. 103–130) beleuchtet. Die ausgewählten Gewährsleute sind sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, die vor der Herausforderung zum Erhalt und zur Restaurierung ihrer Häuser stehen. Sie sprechen von Traditionen (Ulrich Graf von Spaur und Flavon und das Castel Valer) und von familiärem und kulturellem Selbstverständnis (die Besitzer des Ansitzes von Plawenn, Siegfried de Rachewitz und die Brunnenburg, Alexandra von und zu Goldegg und Lindenburg mit ihrem Ansitz Spauregg in Partschins), die ihre Anstrengungen zur Erhaltung leiten würden. Der Lehrer Florian Ebert, etwa, der die Burgruine von Uttenheim erbte und in Bruneck unterrichtet, unternahm das Wagnis, auf dieser hoch über dem Tal gelegenen Burgruine in einem bewohnbaren Teil zu leben.
Aufschlussreich sind die „Bilder vom Zustand der Südtiroler Burgen, Schlösser und Ansitze vor 1963“ (S. 17–32), die dem kundigen Leser vor Augen führen, was sich bei den historischen Wehr- und Wohnbauten seither im Detail verändert hat, sowohl durch Restaurierungsmaßnahmen aber auch durch eine Neugestaltung der Landschaft. Man hätte sich noch einen Beitrag gewünscht, der auf die zahlreichen Restaurierungsbeispiele eingeht, bei denen das SBI unmittelbar oder auch bloß beratend mitgewirkt hat. Auch der erzieherische Einfluss der Studienreisen in ganz Europa bis hin zum Vorderen Orient, die Seminare und gesprächsreichen Zusammenkünfte, die der Verein seit 50 Jahren anbietet und vermittelt, hätten eine literarische Zusammenstellung verdient. Kurzweilig hingegen die anekdotenhaften, vom Tauferer Kastellan Alexander Maier aufgezeichneten Geschichten „Ein bunter Strauß kurioser, lustiger und skuriller Geschichten“ zum Führungsalltag auf Burg Taufers (S. 221–236).
Alexander von Hohenbühels profunde Beiträge (Veröffentlichungen des SBI, S. 149–164, Fachbibliothek des SBI, 165–172), Graf Konstantin von Blumenthals Geschichte der Vereinsjugend (S. 133–147), Daniel Maschers Darstellung zum Erwerb der vereinseigenen Trostburg und Taufers (S. 173–192), Wolfgang von Klebelsbergs Skizze der denkmalpflegerischen Tätigkeiten auf der Trostburg von 1919 bis 1977 (S. 193–204) sowie die Bildeindrücke von der 50-Jahr-Feier 2013 (S. 248–253) runden in Einzeldarstellungen die Gesamtgeschichte des SBI ab und werden noch von offiziellen Glückwünschen (S. 254–255) und außergewöhnlichen „Geburtstagsgrüßen“ ergänzt (S. 237 f., 239–246 und 247).
Die Geschichte des Vereins ist eine „Erfolgsgeschichte“, die dem unermüdlichen Einsatz der Mitglieder zu verdanken ist, die trotz zahlreicher Widerstände und einer Vielzahl bürokratischer Hemmnisse nie resignierten, sondern an den kulturellen Zielen festhielten. Ein Gewinn nicht nur für Südtirol, sondern für alle Besucher des Landes. Die historischen Bauten bilden eine wesentliche Charakteristik des Landes, die neben kurzlebigen Events des Tourismusmarketings und den vergänglichen zeitgenössischen Bauten sichtbar bleiben sollten. Ohne das Südtiroler Burgeninstitut wäre manches verschwunden, zerfallen oder durch Ignoranz zerstört worden. Für das Erscheinungsbild des Landes Südtirol hat der Verein mehr geleistet als man aufgrund seiner „Privatheit“ vermuten könnte – dies wird gerade mit der vorliegenden Publikation dokumentiert. Es ist nicht die Nostalgie, welche das Vereinsleben und seine vielfältigen Aktivitäten bestimmt, sondern eine immerwährende jugendliche Begeisterung für das historische Erbe, Kulturarbeit für Gegenwart und Zukunft. Hervorragend ist die Bebilderung der Beiträge und die Gestaltung des Bandes zum fünfzigjährigen Bestehen des SBI. Als Mitglied findet man sich wieder und als Interessierter wird man neugierig und nachdenklich zugleich. „Jeder Stein ein Stückchen Gold… „ ist spannend zu lesen und sowohl für Mitglieder als auch für Nichtmitglieder interessant, die mehr wissen wollen über einen der tatkräftigsten und folgenreichsten Burgenvereine Europas.
Jürgen Fricker
25,00